Während meiner Schauspielausbildung habe ich etwas sehr Praktisches entdeckt: Alle Rollen, an denen ich mal gearbeitet hatte, alle Figuren, die ich einmal gespielt habe, sind mir „geblieben“. Das heißt, ich kann sie nach Lust und Laune immer wieder aktivieren und herausholen. Ich kann sie mir überstreifen wie eine Weste und wieder ausziehen. Und das Praktische: ich kann das auch privat nutzen und niemand merkt das. Zum Beispiel, wenn ich mich zum Beispiel privat auf Ämtern oder Behörden leicht einschüchtern lasse, kann ich mir eine Figur „überziehen“, die „professioneller agiert“ und die mich beschützt. Das funktioniert! Und keiner hat es jemals gemerkt. Was nicht heißt, das ich mich unbedingt anders verhalte, aber ich werde wahrscheinlich eine andere Ausstrahlung haben und meine Umwelt reagiert automatisch anders auf mich. Jede und jeder von uns hat eine bestimmte Persönlichkeitsstruktur. „So bist du“, sagen Menschen, die uns schon länger kennen und das kann wirklich nützlich und angenehm sein, aber manchmal kann es zum Gefängnis werden, weil ich mich nicht traue, aus gewissen Strukturen auszubrechen und etwas ganz Anderes oder Neues zu auszuprobieren. Und auch hier verschaffen mir die vielen Varianten meiner Ich-Rolle mehr Luft. Und dann kann ich plötzlich – obwohl ich mich das normalerweise nie trauen würde – meine Stimme erheben. Das verhilft mir auch mehr in dem Bewusstsein zu leben, dass ich immer die Wahl habe, dass ich es mir aussuchen kann, wie ich mich verhalten will. Das nimmt den Druck und verschafft mir Freiheit. Und Freiheit ist ein gutes Gefühl!
Übrigens: das kann wirklich jede und jeder sofort ausprobieren, dazu braucht keine:r eine Schauspielausbildung. Stell dir in der nächsten herausfordernden Situation einfach eine beschützende Figur an deiner Seite vor: Das kann deine Oma oder Mahatma Gandhi oder Superwoman sein… Und wenn du solche oder ähnliche Dinge gern live lustvoll mit mehreren Menschen ausprobieren und üben möchtest, dann
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